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Informationen zur EU-Erbrechtsverordnung

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Ab dem 17. August 2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung (Verordnung EU Nr. 650/2012, EU-ErbVO) anwendbar. Diese neue EU-Verordnung regelt, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist.

Erbrecht – Wichtige Änderungen ab dem 17.08.2015

Gerichte und andere Organe der Rechtspflege in den Staaten der EU (außer im Vereinigten Königreich, Irland und Dänemark) beurteilen künftig nach der EU-Erbrechtsverordnung, welches nationale Recht zur Anwendung kommt, wenn ein Erbfall einen Auslandsbezug hat.

Bisher unterlag nach deutschem Recht (Art 25 EGBGB) die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem die Erblasserin oder der Erblasser zum Zeitpunkt ihres oder seines Todes angehörte. War die Erblasserin Deutsche oder der Erblasser Deutscher, galt also deutsches Erbrecht. Dies ändert sich durch die EU-Erbrechtsverordnung.

Für Erbfälle ab dem 17. August 2015 unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem die Erblasserin oder der Erblasser zum Zeitpunkt ihres oder seines Todes ihren oder seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 21 EU-ErbVO).

Ausländische Regelungen zur gesetzlichen Erbfolge können erheblich von den deutschen erbrechtlichen Regelungen abweichen.

Wo ist der gewöhnliche Aufenthalt?

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo sie oder er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie oder er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dies wird anhand der tatsächlichen Verhältnisse ermittelt; dabei wird festgestellt, wo der Schwerpunkt der sozialen Kontakte zu suchen ist, insbesondere in familiärer und beruflicher Hinsicht. Als nicht nur vorübergehend gilt stets und von Beginn an ein beabsichtigter, zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer, kurzfristige Unterbrechungen bleiben dabei unberücksichtigt.

Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person kann daher bereits mit dem Umzug an einen anderen Ort wechseln. Dies gilt für dauerhaft ins Ausland ziehende Personen, aber auch für solche, die sich nur zeitweise ins Ausland begeben, jedenfalls dann wenn der Aufenthalt dort auf mehr als sechs Monate angelegt ist und der tatsächliche Daseinsmittelpunkt verlagert wird.

Die Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts kann schwierig sein. Dies gilt etwa, wenn sich jemand nicht dauerhaft an einem Ort aufhält, sondern beispielsweise im regelmäßigen Wechsel eine Zeitlang in einem anderen Staat und dann wieder eine Zeitlang in Deutschland lebt und enge soziale Bindungen an beiden Orten hat.

Rechtswahl

Wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, aber dennoch will, dass sich im Fall ihres oder seines Todes das Erbrecht des Landes anwendbar ist, dessen Staatsangehörigkeit sie oder er besitzt, diese Person muss künftig eine entsprechende Rechtswahl treffen.

Diese Rechtswahl muss entweder ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen - meist ist das ein Testament - erfolgen oder sich zumindest aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung von Todes wegen ergeben (Art. 22 EU-ErbVO). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine ausdrückliche Wahl zu empfehlen.

Anzuwenden ist die neue EU-Verordnung, wenn die Erblasserin oder der Erblasser am 17. August 2015 oder danach verstirbt (Art. 83 Abs. 1 EU-ErbVO). Eine vor dem 17. August 2015 getroffene Rechtswahl, die - zum Beispiel - nach dem Recht des Staates getroffen wurde, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besitzt (Art. 83 Abs. 2, 3 EU-ErbVO), bleibt aber auch nach dem 17. August 2015 wirksam.

Sind auch Expats (Lehrerinnen und Lehrer, Expertinnen und Experten, Diplomatinnen und Diplomaten, Firmenvertreterinnen und Firmenvertreter etc.) betroffen?

Expats haben ihren ständigen Wohnsitz in der Regel am Dienstort.

Ihnen kommt Art. 21 Abs. 2 EU-ERbVO entgegen, der besagt: Ergibt sich ausnahmsweise aus der Gesamtheit der Umstände, dass die Erblasserin oder der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat als dem Staat hatte, dessen Recht nach Absatz 1 anzuwenden wäre (= das Recht des Staates, in dem die Erblasserin oder der Erblasser zum Zeitpunkt ihres oder seines Todes ihren oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte), so ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.

Meist dürfte bei entsandten Expats (und ihren Familienmitgliedern, insofern sich diese überhaupt am Dienstort aufhalten und deutsche Staatsangehörige sind) die Gesamtheit der Umstände eine offensichtlich engere Verbindung zu Deutschland als zum Land des Dienstortes nahelegen.

Überlegungen zum eigenen Nachlass

Auch wenn viele Menschen die gedankliche Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod aus nachvollziehbaren Gründen scheuen, ist es sinnvoll, sich schon heute mit der eigenen Nachlassplanung zu beschäftigen.

Überlegen Sie zum Beispiel, welche Nachlassverteilung Ihren Wünschen entspricht und ob Sie, damit diese eintritt, eine entsprechende Verfügung von Todes wegen treffen (in der Regel heißt das: ein Testament machen) müssen. Überlegen Sie, wo Sie Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und ob es in Ihrem Fall nötig ist, die oben beschriebene Rechtswahl zu treffen.

Falls Sie schon ein Testament gemacht haben, prüfen Sie dieses. Ergänzen Sie es gegebenenfalls um eine Rechtswahlklausel. Beachten Sie dabei jedoch, dass Ihre Ergänzung nach dem Recht der Errichtung des Testaments formgültig ist.

Wenn Sie unsicher sind: Lassen Sie sich beraten!

Das Wichtigste zuletzt: Nachlassfragen können sehr kompliziert sein. Wenn Sie sich fragen, wie Sie am besten eine Nachlassregelung erreichen, die Ihren Wünschen entspricht; wenn Sie unsicher sind, wo Ihr gewöhnlicher Aufenthalt ist, was die Neuregelung für Sie ganz konkret bedeutet, oder wenn Sie sonstige Fragen in Bezug auf die Regelung Ihres Nachlasses haben, lassen Sie sich unbedingt von spezialisierten Anwältinnen und Anwälten oder Notarinnen und Notaren beraten!

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